1990, Bremerhaven. Ein Jahr vor dem Abi, knapp bei Kasse. Wie viele Jungs damals arbeitete ich „auf Rote Karte“ im Hafen.
Manchmal bedeutete das: Autos verladen. Oft bedeutete es: Banane.
Damals kamen Bananen nicht in Containern, sondern in speziellen Frachtern, die bis unter die Decke vollgestopft waren.
Jeder Karton: über 13 Kilo schwer.
2000 Kartons pro Schicht. 36 Tonnen. 8 Stunden.
Und es gab nur eins: Heben. Schieben. Heben. Schieben.
Keine Pausen. Keine Ablenkung. Nur Arbeit.
Der Schweiß lief uns in Strömen. Jeder Muskel brannte.
Dann, in der Halben – der einzigen Pause –, lehnt sich einer der Alten zurück, wischt sich die Stirn und sagt:
„10.000 Kartons. Jungs – heute knacken wir die 20.000!“
Ich dachte nur: Spinnen die?
Wir waren schon völlig am Ende.
Und doch: Alle nickten. Keiner widersprach. Keiner diskutierte.
Warum?
Es gab keinen Chef, der zusah.
Keinen Bonus am Ende des Tages.
Keine Belohnung, keine Beförderung, keinen Applaus.
Sie hätten locker langsamer machen können. Aber sie wollten es nicht.
Diese Szene beschäftigt mich bis heute – vor allem als Organisationsberater.
Denn oft höre ich Fragen wie:
👉 „Wie können wir unsere Leute motivieren?“
👉 „Wie bringen wir sie dazu, die extra Meile zu gehen?“
Aber vielleicht sollten wir eine andere Frage stellen:
Was hält Menschen davon ab, motiviert zu sein?
Denn echte Motivation entsteht nicht durch Kontrolle.
Nicht durch Boni.
Nicht durch Versprechen.
Echte Motivation entsteht durch Stolz.
Durch Zusammenhalt.
Durch ein gemeinsames Ziel.
In meiner Erfahrung scheitern Unternehmen nicht daran, ihre Leute zu motivieren.
Sondern daran, dass sie es schaffen, Motivation Stück für Stück zu zerstören:
❌ durch chaotische Prozesse,
❌ durch fehlende Wertschätzung,
❌ durch mangelhafte Führung.
Bis es sich irgendwann anfühlt wie ein trauriges Theaterstück.
Agilität als Lösung?
Viele Unternehmen setzen heute auf agile Methoden und Selbstorganisation, in der Hoffnung, dass mehr Eigenverantwortung automatisch zu mehr Motivation führt.
Doch Agilität ist kein Allheilmittel. Ohne die richtige Unternehmenskultur, Vertrauen und klare Kommunikation kann Selbstorganisation überfordern und demotivieren.
Echte Agilität erfordert mehr als nur neue Prozesse – sie braucht ein Umdenken in der Führung und eine Umgebung, in der Mitarbeiter sich sicher und wertgeschätzt fühlen.